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5 Tipps, wie Blogger ihren Status gegenüber Top-Journalisten verbessern

Was unterscheidet Blogger heute noch von Journalisten? Bei beiden arbeiten viele oft journalistisch, bei beiden gibt es Vertreter, die den Namen „Journalist“ nicht verdienen – insbesondere bei den Bloggern gibt es etliche, die diesem Kreis auch gar nicht angehören wollen. Vornehmlich die klassische Ausbildung mag noch ein gewisser Vorteil für ausgebildete Journalisten sein, wenn sie das dort Erlernte später nicht wieder vergessen. In der gelebten Praxis einiger Journalisten schleichen sich jedoch Fehler ein, die mitunter sogar gegen den Pressekodex verstoßen. Für Blogger ist das eine gute Möglichkeit, zu beweisen, dass sie in puncto Professionalität selbst gestandene Journalisten übertreffen können: Mit diesen 5 Tipps verbesserst du deinen Status gegenüber Top-Journalisten.

Die Eiszeit zwischen Journalisten und Bloggern ist vorüber

Lange Zeit haben sich Journalisten darum bemüht, sich deutlich von den Bloggern abzugrenzen, ja abzuheben. Doch diese Zeit ist mittlerweile fast vorbei: Blogger haben sich vielfach professionalisiert, während immer mehr Journalisten nunmehr ebenfalls bloggen. Die ehemaligen Streithähne haben sich aufeinander zubewegt. Was heute zählt, ist einzig und allein die Arbeitsweise, nennen wir sie ruhig „journalistisch“, weil der Journalismus immerhin die Standards weitgehend gesetzt hat. Teilweise bröckeln diese Vorgaben, da die Digitalisierung den professionellen Schreibern massiv zugesetzt hat, während manche darunter vielleicht nie wirklich konsequent eingehalten worden sind.

Journalistisches Arbeiten: Blogger sollten Standards setzen

Und doch bin ich davon überzeugt, dass sauberes journalistisches Arbeiten selten wichtiger gewesen ist als heute! Denn was können wir sonst tun, außer die Qualität in der Arbeitsweise sorgfältig zu belegen! Wenn einst der Journalismus die Standards gesetzt hat, ist es vielleicht dieses Mal an den Bloggern, Fakten zu schaffen und endgültig auf Augenhöhe mit gestandenen Journalisten zu arbeiten. Und so könnte es gehen:

1. Verwende Zitiertechniken, benenne (verlinke) Quellen:

Heute ist der 15.01.2017. Da ich täglich „ZEIT ONLINE“ aufsuche, habe ich mir einfach direkt den ersten Artikel näher betrachtet: „Alles Fake!“ Wie erwartet, finde ich direkt einen Fauxpas. Weiter unten auf der ersten Seite des Texts ist von „Heiko Maas‘ Katalog digitaler Grundrechte“ die Rede. Zusätzlich wird aus dieser „Internet-Charta“ zitiert, ohne jedoch auf das Originaldokument zu verlinken bzw. sauber zu referenzieren. Bezeichnend ist, dass es sich hierbei um eine Quelle von „ZEIT ONLINE“ selbst handelt: Heiko Maas hat darin am 10.12.2015 einen Gastbeitrag mit eben jenen digitalen Grundrechten veröffentlicht. Ich verstehe nicht, wie man diese Quellenangabe unterschlagen kann. Wirklich sauber wäre es dann noch gewesen, zu belegen, dass dieses Zitat aus Artikel 4 in diesem Katalog entnommen worden ist.

Dass Quellen nicht oder nur unzureichend angegeben werden, ist Normalität! Jeder kann sich selbst ein Bild davon machen. Blogs bieten da übrigens keine Ausnahme. Dabei ist es im Grunde ziemlich einfach, die Quelle, mit welcher der Autor eines Texts ja gerade arbeitet, in den Artikel mit einzufügen und sich eben noch die Textstelle zu notieren. Auch für ihn wird die Arbeit dadurch letztlich einfacher. Und nicht jeder kann oder will immer wieder nach einer solchen Stelle oder gar der Quelle selbst suchen müssen. Blogger können hier mit gutem Beispiel vorangehen und die wirklich wichtigen Zitiertechniken anwenden, die einige von euch vermutlich sogar im Studium gelernt haben.

2. Vermeide einseitige Berichterstattung, benenne Kontroversen, prüfe Fakten

Absolute Wahrheiten sind selten, die Chance, die ganze Wahrheit zu sagen, ist es auch. Aber besteht dadurch nicht ein enormes Potenzial, sich der Lüge verdächtigt zu machen? Und tatsächlich: Wer nicht die ganze Wahrheit sagt, kann damit auch lügen. Das erkennt man daran, dass sich der geneigte Leser, der zwei unterschiedliche Perspektiven rezipiert, zu Recht fragt: „Was stimmt denn nun?“ Freilich lässt sich meist nicht rekonstruieren, ob der Journalist bewusst gelogen, manipuliert oder einfach „nur“ schlecht recherchiert hat, vielleicht aber auch seiner persönlichen Meinung bzw. einer bestimmten Haltung Ausdruck verleihen wollte.

Der Maßstab der Objektivität ist ein schwieriges Unterfangen, ein (oft unerreichbares) Ideal: Als Blogger kannst du dieses Ideal verfolgen, indem du ein Thema von einer anderen Seite beleuchtest als die „Mainstream“-Medien. Dein Vorteil: Der Mainstream ist allzu bekannt! Mit einer alternativen Sichtweise hilfst du dabei, das Bild zu vervollständigen – sofern du als bloggender Journalist sauber arbeitest. Ein gelungenes Beispiel mag man in den NachDenkSeiten finden, wie etwa in einem kritischen Artikel zur Reaktion der Verlierer nach den US-Wahlen.

3. Manipuliere nicht, sondern helfe dabei, Manipulation aufzudecken

Wir müssen nicht lange suchen, um in Tageszeitungen Manipulationen zu finden. Der renommierte Sprachkritiker Wolf Schneider zeigt in seinem Buch „Deutsch für Profis“ (S. 22/23), wie bereits mit den einfachen Worten „drohen“, „knapp“ oder „nur“ manipuliert wird. Dass dem Leser beispielsweise ein „drohender Streik in der Metallindustrie“ verkauft wird: Und dass, obwohl ihm als Bürger damit erst einmal gar nichts droht, den legitimierten Streikenden zunächst ebenfalls nichts, sondern allenfalls den Arbeitgebern. Manipulation! – und das ist nur einer der banaleren Fälle. Dabei gehört das Gegenteil zur Aufgabe von Journalisten: „Manipulationen [] aufzudecken.“

Warum nur denke ich bei diesem Thema übrigens sofort an netzpolitik.org? Investigativer Journalismus schließt sich für Blogger keinesfalls aus – und aktivistisches Bloggen kann durchaus investigativ sein. Um Manipulation aufzudecken, brauchst du nicht unbedingt Informanten, oft reicht bereits eine einfache Sprachanalyse oder die Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen. Dafür ist es hilfreich, einige Manipulationstechniken zu kennen: Keine Antwort kann zum Beispiel auch eine Antwort sein, oder? Oder wenn von „namhaften Experten“ die Rede ist, kann man schon mal nachprüfen, ob es diese Leute in der Form wirklich gibt. Schauen wir uns zum Schluss noch einen historischen Fall von nicht erkannter, zumindest von nicht aufgedeckter Manipulation an: Nachdem der damalige Bundesfinanzminister Helmut Schmidt am 5. April 1974 auf eine Frage geantwortet hatte, dass er „weder jetzt noch in Zukunft […] Bundeskanzler werden [wolle]“, brachte das Hamburger Abendblatt am 6. April die Schlagzeile: „Schmidt will nicht Kanzler werden.“ Gelogen! – wenige Wochen später war er Bundeskanzler! (Beispiel aus Wolf Schneiders „Deutsch für Profis“, S. 25)

4. Vermeide Clickbaiting

Beim Clickbaiting geht es bekanntermaßen darum, den Leser gezielt mit Aufmerksamkeit erregenden Überschriften zu ködern, damit möglichst viele auf die betreffenden Artikel klicken. „Klicks“ fungieren dabei als Währung, in der Erfolg heute (zu) oft gemessen wird. Die journalistische Qualität der Inhalte ist dabei nicht selten mindestens zweitrangig. Und genau da liegt das Problem: Niemand hat etwas dagegen, wenn Überschriften Klicks nach sich ziehen. Eine gute Überschrift dient dazu, den gesamten Text zu repräsentieren. Wenn das Versprechen der Überschrift dann aber nicht eingelöst wird, sprechen wir von Clickbaiting. Wenn eine Headline also Aufsehen erregt, der Artikel aber letztlich wenig aufsehenerregend ist, kann kaum von journalistischer Qualität die Rede sein, ob die Klickzahlen nun stimmen oder nicht. Und es kommt noch schlimmer: Oft werden reißerische oder gar hetzerische Überschriften genutzt, womit wir nicht mehr nur beim Clickbaiting sind, sondern ebenfalls bei der Manipulation.

Dieses Vorgehen solltest du als Blogger tunlichst vermeiden: Du willst dir einen Namen machen. Auf die Masse an Klicks und den damit verbundenen Werbeeinnahmen wirst du ohnehin kaum kommen können. Bei dir ist vielmehr die Qualität deiner Texte entscheidend, die du selbstverständlich mit großartigen Überschriften lancieren darfst.

5. Recherchiere sauber

„Googeln“ ist heute fast schon ein Synonym für Recherche. Doch so wichtig diese Suchmaschine für uns alle auch ist: Ein Grundproblem besteht mitunter darin, dass du nur das findest, wonach du suchst. Aspekte, die du noch nicht kennst, können unentdeckt bleiben. Deshalb ist es hilfreich, neben Google weitere Recherche-Tools zu kennen und zu nutzen. Um so beispielsweise an exklusive oder unveröffentlichte Daten zu gelangen. Ein Beispiel, welches genau das verspricht, ist die Plattform Recherchescout, die Journalisten und Experten zusammenbringen möchte.

Doch, auch wenn Google sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss in der Recherche ist, sollten wir die Möglichkeiten dieses „Big Data“-Spezialisten voll ausschöpfen können: Die meisten von euch mögen mit den „Tools“ rechts unterhalb der Suche vermutlich klarkommen und auch Suchoperatoren wie „OR“, „related:“ oder „-“ erfolgreich einsetzen. Wer von euch aber hat bereits die Google News Lab auf dem Schirm geschweige denn das Training absolviert? Interessant ist z. B. die Bilder-Rückwärtssuche, um die Echtheit eines Bildes zu verifizieren (neben images.google.de solltest du dir in diesem Zusammenhang vielleicht auch mal tineye.com anschauen).

Zusätzlich zur Bilder-Rückwärtssuche bestehen weitere Möglichkeiten, FAKE-News zu erkennen. Der Umgang mit der Versionsgeschichte auf Wikipedia gehört dazu. Wenn Nutzer erst seit kurzem im Wiki tätig sind oder lediglich eine IP-Adresse angezeigt wird, darf man schon mal an der Echtheit einer Information zweifeln. Bei Websites kannst du versuchen, den Domain-Inhaber herauszufinden, weil er ebenfalls einigen Aufschluss über die Seriosität der Inhalte geben dürfte. Es ist generell eine Frage der journalistischen Ethik, die Echtheit seiner Quellen zu prüfen. Information, die sich nicht verifizieren lässt, sollte im Zweifel nicht oder nur unter Vorbehalt veröffentlicht werden. In Zeiten, in denen Fake-News immer mehr zu einem weltumspannenden Problem werden, sollten wir uns bemühen, umso sauberer zu recherchieren (wohl wissend, dass wir alle Menschen sind, und als solche machen wir eben auch Fehler). Bei kritischen Informationen, die sich in keiner Weise überprüfen lassen, wie etwa bei der Bekanntmachung des angeblichen Dossiers eines britischen Ex-Agenten über Trump durch das amerikanische Nachrichtenportal „Buzzfeed“, sollte ein Journalist vielleicht Abstand von einer Veröffentlichung nehmen.

Viele Journalisten leisten sicherlich großartige Arbeit und die Art und Weise, wie die Digitalisierung sie unter Druck setzt, ist ein ernstes Problem für den Journalismus und die daraus resultierenden Veränderungen eine Herausforderung für unsere Gesellschaft. Einige Herausforderungen aber können wir bereits dadurch überwinden, dass wir journalistisches Arbeiten wieder als eine Wissenschaft betrachten (Stichwort „Lügenpresse“), indem wir nach Unabhängigkeit streben, Zitiertechniken sauber anwenden, und auch statistische Methoden sorgfältig einsetzen – ein Punkt, auf den ich gar nicht zu sprechen kam! Und auch Blogger können ohne Zweifel so arbeiten wie Top-Journalisten, um es damit am Ende auch zu sein. Der Wandel hat Blogger und Journalisten eine Zeit lang zu so etwas wie Gegnern erklärt, doch letztlich sitzen wir alle in einem Boot. Dargelegt habe ich nicht mehr als meine persönlichen Tipps, wie leidenschaftliche Journalisten zu Top-Journalisten werden können. Welche Tipps hast du anzubieten?


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